Kunst im kirchlichen Raum

Runding


Orgelgestaltung Runding, 1998
Ort: St. Amdreas, Runding
Orgelbauer: Vleugels, Hardheim
Größe: ca. 7 x 4 m


 


Die künstlerische Gestaltung

Wenn traditionelle Handwerkskunst sich mit moderner Formensprache vereint, erwächst daraus ein Spannungsfeld, das zu Kreativität inspiriert. Ergebnis solchen Prozesses im Fall des Rundinger Orgel-Neubaues ist eine aufregend andere künstlerische Gestaltung. Zusammen mit Klangfarben und Architektur läßt sie das Instrument zu einem richtungsweisenden Gesamtkunslwerk an der Schwelle ins 21. Jahrhundert werden.

Für „Kunst arn Bau" zeichnet bei der Vleugels-Orgel in Runding ein Maler verantwortlich: Jacques Gassmann aus Hannover, Mit seinen 35 Jahren hat der gebürtige Heidelberger nicht nur national, sondern auch international
den Durchbruch geschafft. Ausstellungen in mehreren deutschen Großstädten, in der Schweiz, den Niederlanden, Schweden und Polen folgt demnächst eine Präsentation seiner Arbeiten in Mailand.
Das bedeutendste Werk von Jacques Gassmann ist der Bilderzyklus „Apokalypse" - Offenbarung. Unter sparsamem Einsatz von Farbe - meist verwendet er entweder Blau- oder Grüntöne - tastet er sich in Dimensionen vor, die sich dem Rationalen entziehen.
 In Sphären, von denen der Mensch sich nur eine äußerst vage Vorstellung machen kann. Ohne diese Geheimnisse letztlich preiszugeben, führt Gassrnann den Betrachter auf die Spur „seiner" Offenbarung. Diese Fähigkeit hat ihn zu einem geschätzten Vertreter zeitgenössischer sakraler Kunst gemacht. Es kommt nicht von ungefähr, daß die meisten seiner Ausstellungen in Kirchen stattfinden. Einige Motive finden sich auf Altarbildern wieder, etwa in der Neustädter Kirche in Hannover oder in der Pfarrkirche St. Johannes von Kitzingen.

Über das Kitzinger Altarbild ist Jacques Gassmann 1996 erstmals mit Orgelbau in Berührung gekommen. Die neue Vleugels-Orgel in der gotischen Kirche verlangte geradezu nach einer Gestaltung, die einen Bogen zwischen klassischer Architektur und modernem Orgelbau spannt.
Der Künstler hat die Blau-Töne seines Altarbilds aufgegriffen und damit dem Orgelgehäuse am anderen Ende des Kirchenraums ein Farb-Design verpaßt, das die Fachwelt begeistert. In Runding ist Jacques Gassmann sogar noch einen Schritt weitergegangen, indem er „sein" Blau mit zwei weiteren Grundfarben kombiniert hat: einem satten Grün und einem leuchtenden Orange - Farbspiele, wie sie bereits in der Gestaltung der modernen Kirchenfenster zu sehen sind.
Die in lasierender Tuschetechnik aufgetragenen Farben gliedern die Segmente des Instruments und verleihen ihm eine ungeheuere optische Dynamik. „Die klaren Strukturen der Kirche mit den immensen Lichteinfällen werden von dem Orgelgehäuse aufgegriffen und bilden die reine Grundlage für Licht, Ton und Farben", so der Künstler über seine Arbeit. Keinesfalls sollen die einzelnen Elemente den Raum verdichten oder eingrenzen. Vielmehr sollen sie transparent bleiben und auf diese Weise die imaginären Dimensionen erweitern und vervollkommnen. In Verbindung mit der Akustik des Instruments haben die für die optische Gestaltung verwendeten Farben für Jacques Gassmann aber noch einen tieferen Sinn: „Sie greifen die von Luft erzeugten, zu Himmelssphären geblasenen Töne der Orgel auf und verwandeln das Instrument damit in ein harmonisch-lebendiges Objekt, welches es auch ist."

Franz Amberger

 
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