Kunst im kirchlichen Raum

Der Künstler


  Am 28.01.1963 wird Jacques Gassmann in Heidelberg als Sohn des Professors der Theologie Günther Gassmann und der Dolmetscherin Ursula Gassmann geboren. Bereits in seiner frühen Kindheit erfährt der Junge kosmopolitische Einflüsse, nicht nur, während er bis zum sechsten Lebensjahr mit seinen Eltern und zwei Brüdern in einem internationalen Studentenwohnheim aufwächst, sondern auch, als er als Vierjähriger von einer dänischen Studentin vor dem Tod durch Ertrinken im Neckar gerettet wird. Der Umzug der Familie 1969 nach Strassburg in Frankreich wird zum Grundstein für Jacques Gassmanns »amour francais« und eine musikalische Ausbildung parallel zum Lycée am Konservatorium Strassburg mit dem Hauptinstrument Cello. Durch die Ernennung des Vaters zum Kirchenpräsident siedelt Jacques Gassmann als 14-Jähriger ins Niedersächsische Großburgwedel um, wo er 1982 sein Abitur in den Fächern Französisch und Kunst ablegen wird. Schon als Schüler arbeitet Gassmann in Grafikateliers, begeistert von der Sprache der Bilder, zunächst in Comics und Science-Fiction-Darstellungen, aber auch vom Gegensätzlichen in Grafik und Kunst. Erste Zeichnungen auf Papier entstehen.

Im Jahr 1979, mit 17 Jahren, entwickelt der begabte Schüler Performances mit dem Theaterregisseur Bernd Seidel. Gassmanns geliebtes Cello wird nach zu vielen öffentlichen Auftritten in Fußgängerzonen von den Eltern konfisziert und aus Protest vom jungen Wilden gegen Synthesizer und Rhythmusmaschinen eingetauscht. Die New Wave Band »Cache Sexe« entsteht unter Mitwirkung des späteren Schauspielers Andreas Jung und dem Fotografen und Designer Joachim Peters. Nach vier Jahren experimenteller Arbeiten mit elektronischer Musik, der Auszeichnung »Band des Jahres« und einem Plattenvertrag trennt sich »Cache Sexe« 1983.Die Musik bleibt neben und im Einklang mit der Kunst für Gassmann unverzichtbar; der Künstler komponiert selber Musikstücke und Soundtracks zu seiner Kunst, da er ohne den Klang nicht arbeiten kann.


 Unter dem Namen »Jeunesse Dorée« zeigt der Künstler ab 1982 in Aktionen und Ausstellungen mit der späteren Modedesignerin Uli Schneider erste wilde, expressionistische Arbeiten; eine Liebe, formuliert in Kunst. Durch seine charismatische Ausstrahlung mobilisiert Gassmann schon im gleichen Jahr dreihundert Künstler zur Ausstellung »1. Gegenwart« als Gegenpol zu den Herbstausstellungen im Kunstverein Hannover. Neben der Malerei folgen bis 1984 Soloperformances des Künstlers oder in Gruppen mit »Jeunesse Dorée« in verschiedenen Teilen Deutschlands sowie in Brüssel. Um seine Autonomie nicht zu gefährden, arbeitet Gassmann von 1982 bis 1984 als Zivildienstleistender in der Altenpflege Diakonie. Er unterwirft sich keinem System und entscheidet sich später auch gegen ein Kunststudium. Der Erfolg gibt ihm recht. Der Kunstsalon München zeigt im folgenden Jahr expressionistische Arbeiten des 22-Jährigen im Haus der Kunst.

In aufwendig gestalteten Kunst-Büchern mit den Titeln »Bilder der letzten Tage« (1985), »Hommage à la Peau« (1986) und »Chaine Parlée« (1987) verarbeitet Gassmann in gestischen Zeichnungen mit schwarzer Tinte Themen, die ihn unmittelbar betreffen, betroffen machen. So ist »Hommage à la Peau« seiner Katze Solange gewidmet, die vor seinen Augen überfahren wird. Als Reaktion auf die entmystifizierenden Debatten über Kunst folgt 1986 an der Universität Hannover Gassmanns Vortrag und die im doppelten Sinne namen-gebende Aktion »Weißmachen«. Vom Land Niedersachsen erhält er ein Arbeitsstipendium.

»Heftige«, große Malerei und kleine, filigrane Tuschezeichnungen wechseln noch im selben Jahr einander ab, bis sich der Künstler ab 1987 vorerst von der großformatigen Malerei mit Pinseln, Händen und anderen Körperteilen sowie Performances abwendet. Im gleichen Jahr zeigt Gassmann Arbeiten zum Thema »Künstler sehen Gärten« in der Orangerie in Hannover und im Lichtraum in München. Zurückgezogen arbeitet er in einem ehemaligen Pferdestall in Langenhagen bei Hannover.


 Im Geburtsjahr seiner Tochter Ophelia, 1989, erfährt Gassmanns Malerei eine Strukturveränderung, fortan eine bestimmte thematische Assoziation. »Natural Hazards« mit dreißig Exponaten entsteht als erster thematischer Zyklus und wird in der Galerie Stübler in Hannover gezeigt.Durch Experimente mit Tinte und ihren Pigmenten, dem Austesten der Möglichkeiten des Mediums Malerei, entwickelt der Künstler 1990 seine besondere, später patentierte Maltechnik »Ogrody«. Das stimmungserzeugende Wort bedeutet in der polnischen Sprache »Garten«, sowohl im Singular, als auch im Plural. In Polen nämlich entstehen Gassmanns erste »Ogrodys«, ohne dass sie zu dem Zeitpunkt schon vom Künstler so bezeichnet werden.

Ein Arbeitsstipendium der Hanns-Lilje-Stiftung Hannover von 1990 bis 1991 wird zur Grundlage für den monumentalen, 32 Werke umfassenden Zyklus der »Apokalypse« als die gemalte, vollständige Darstellung der Geschichte der Apokalypse. In den folgenden Jahren ist der auch als »Offenbarung des Johannes« bekannte Zyklus in Deutschland in Hannover, Berlin, Würzburg, Lübeck, Fulda, Saarbrücken, Karlsruhe sowie in Schweden in Stockholm, in der Schweiz in Genf und in Frankreich in Strassburg zu sehen.

Durch Reisen erfährt Jacques Gassmann die Erarbeitung seiner künstlerisch umgesetzten Themen. Hat ein Aufenthalt in der Karibik entscheidenden Einfluss auf die Umsetzung der Apokalypsen-Thematik, so dienen dem Künstler nach Ausbruch des Golfkrieges 1992 viele Gespräche mit Piloten der US – Airforce in San Diego, USA, als Einstieg in die Materie zu seinem 1993 geschaffenen Zyklus »Supersonic«. Anders als bei der »Apokalypse« lässt Gassmann bei dieser Arbeit seine persönliche Interpretation einfließen. »Supersonic« wird 1993 in der Galerie Borkowski in Hannover, 1998 im Celler Schloss und 2001 im Packhof in Hannoversch Münden ausgestellt. Ebenfalls aus dem sakralen Themenbereich, aber in der Umsetzung andersartig, schafft der Künstler von 1993 bis heute nach der Vorlage von meist ottonischen Kruzifixen seine aus zwei Teilen bestehenden Passionsbilder im charakteristischem Ogrody-Grün.


 Ab 1994 folgen für Gassmann verschiedene Aufträge aus dem Bereich Kunst am Bau. Durch die begeisterte Aufnahme der »Apokalypse« stellen nicht nur Kirchen und Kapellen Jacques Gassmann ihr Forum zur Verfügung für die Gestaltung von Orgeln, Altarbildern oder Gewölben, sondern auch Häuser wie die Conti AG 1992 in Hannover, das First-Reisebüro 1997 mit seiner Zentrale in Braunschweig oder die Firma Völkl 2000 in Straubing. Für den Entwurf der Ausmalung des Tonnengewölbes der Barockkirche Grafenrheinfeld gewinnt der Künstler 1994 den ersten Preis; ebenso für die Schaffung des Altarbildes für die St. Johanneskirche in Kitzingen. Parallel zu den verschiedenen Arbeiten in Bilderzyklen, Werkserien und Kunst-am-Bau-Projekten widmet sich Gassmann stets der zurückhaltenden, ruhigen, empfindlichen Thematik seiner »Ogrody» Werke.

1996 entstehen unter der Bezeichnung »Viriditas« Anatomien und Heilkräuterbilder, die auf das Werk von Hildegard von Bingen ins 12. Jahrhundert verweisen. In den folgenden Jahren werden die auf Kästen gezogenen Arbeiten im Schloss Ludwigsburg, im Kloster Mariensee und im Packhof in Hannoversch Münden gezeigt.

Aus der Perspektive von Satelliten entstandene Darstellungen von Küstenabschnitten mit der Bezeichnung »Coasts«. Kartografisch exakt künstlerisch umgesetzt, zeigen sie die immer auffälligere Vielseitigkeit des Künstlers. Im Künstlerhaus Göttingen und im Heinrich-Heine-Haus in Lüneburg 1999 wird »Coasts« dem Publikum zugänglich.

Die Neugier Gassmanns, stets erneut eine Thematik zu umkreisen, ohne sich bei Beginn der Arbeit schon genau festzulegen, lässt den Künstler ab 2000 für seine Kunst zum Snowboarder werden und seine Erfahrungen in den Bergen für die Firma Völkl in der Serie »Boardercross« und dem Design von Snowboards künstlerisch verarbeiten.

Die Annäherung Gassmanns an immer neue Thematiken bringt seine konzentrierte Auseinandersetzung mit vorausgegangenen Serien und Arbeiten voran. Zur Zeit arbeitet der Künstler an einer neuen Serie von Zeichnungen und Bildern, die sehr eindrücklich die figurativen und abstrakten Elemente in der Malerei von Jacques Gassmann zeigen.

 
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